Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte über ein Vermächtnis innerhalb eines Erbfalls zu entscheiden. Der Erblasser bedachte in seinem Testament seine Ehefrau. Sein Haus samt Grundstück vermachte er seinem Neffen im Wege eines Vermächtnisses. Dieses war so formuliert, dass der Neffe das Grundstück erst nach dem Tod der Ehefrau erhalten sollte. Für den Fall, dass der Neffe diesen Zeitpunkt selbst nicht mehr erleben würde, sollte das Haus an seine Abkömmlinge fallen. Der Fall trat dann auch genauso ein: Der Neffe verstarb bereits 2011, die Ehefrau des Erblassers erst ein Jahr später. Das Grundstück wurde daraufhin zur Hälfte an die Kinder des Neffen sowie an dessen Bruder übertragen. Das Finanzamt setzte für die Berechnung der Erbschaftssteuer jeweils die Steuerklasse III an. Dagegen klagten die Kinder und der Bruder des Neffen mit der Begründung, dass sie das Grundstück von ihrem verstorbenen Vater bzw. Bruder erworben hätten und deshalb die für sie günstigere Steuerklasse I beantragen würden.
Entscheidend ist, vom wem erworben wurde
Sowohl das Gericht der ersten Instanz als auch der BFH gaben jedoch dem Finanzamt Recht. Das Vermächtnis ist erbschaftssteuerrechtlich ein Erwerb von Todes wegen. Bezüglich der Freibeträge kommt es darauf an, von wem das Grundstück „erworben“ wurde. Grundsätzlich ist bei Vor- und Nacherbschaften der Erwerb als vom Vorerben kommend zu versteuern und nur auf Antrag das Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen. Diese Regel gilt auch bei Vermächtnissen, auch bei solchen, die erst fällig werden, wenn der Erbe wie im vorliegenden Fall verstorben ist. Nach diesem Grundsatz des Erbrechts nahmen die Kläger an, dass sie direkt von ihrem Vater geerbt hätten. Hier war jedoch zu berücksichtigen, dass der Vater (und Bruder) der Kläger bereits verstorben war, bevor das Vermächtnis fällig wurde. Zur Fälligkeit des Vermächtnisses (Ableben der Ehefrau) konnte das Grundstück also nicht mehr vom Vater „erworben“ werden. Das entscheidende Ereignis des Erwerbs war der Tod der Ehefrau des Erblassers. Aus diesem Grund war für die Bestimmung der Steuerklasse das Verhältnis der Kläger zur Ehefrau des Erblassers entscheidend. Da diese kein direktes Verwandtschaftsverhältnis miteinander hatten, war die Steuerklasse III die richtige Einordnung.